Tief empfundene seelische Schmerzen in Form von Schuldgefühlen, einem schlechten Selbstbild oder Ängsten begleiten Erwachsene als mehr oder weniger unbewusste, unterdrückte Grundstimmung, abwechselnd mit immer wieder kehrenden Phasen tiefer Verzweiflung und Orientierungslosigkeit. Sehr oft ausgelöst durch äußere Trigger wie Probleme in Beziehung und Beruf. Ursache solcher Emotionen sind meistens in der Kindheit zu finden.
Eigentlich dürfen diese Erfahrungen zu den Traumaerlebnissen gezählt werden. Aber nicht immer sind es einzelne Erlebnisse. Ganz häufig sind familiäre emotionale Grundstrukturen verantwortlich für die Verletzung einer Kinderseele. Je kleiner du als Kind warst, als du in Kontakt mit diesen seelischen Schmerzen kamst, desto tiefliegender und rational unerklärlicher sind deine negativen Emotionen. Wenn du diese Emotion in dem Moment, in dem du sie spürst, wahrnimmst als Wegweiser auf der Suche nach deiner inneren Verletzung – wenn du zu lässt, dass du diesen Schmerz fühlst. Diese Unruhe. Diese Schuld. Dieses ganz tiefgreifende und unheimliche Gefühl, dass etwas an dir und/oder deinem Leben nicht in Ordnung ist oder nicht in Ordnung sein könnte. Die Angst, etwas falsch gemacht zu haben, die Angst, nicht gut genug zu sein, die Angst, wie wenn du eine Bestrafung fürchten müsstest. Aber von wem? Fragst du dich als Erwachsener, der die Zusammenhänge nicht mehr kennt.
Wenn du die Gefühle bewusst in der Tiefe wahrnimmst, dann entdeckst du, dass diese Emotion deine Verbindung zu deinem inneren Kind ist. Und, dass dieses Kind in dir das Gefühl gerade auslöst, weil es immer noch in diesem Muster gefangen ist. Die Verletzung des inneren Kindes führt zu einer verminderten Entwicklung oder psychisch-emotionalen Unreife in ganz bestimmten Seelenthemen. Es ist, wie wenn ein Teil der Seele oder der Psyche stecken geblieben ist in diesem Schmerz. Aus spiritueller Sicht könnte man auch sagen, dass ein Seelenanteil nicht gelebt werden kann, weil er durch die negativen Emotionen blockiert oder „abgespalten“ ist.
Das Gefühl, nicht anerkannt zu werden, nicht verstanden zu werden, zu viel zu sein, schlecht zu sein, keine Daseinsberechtigung zu haben ist ein typisches Beispiel eines solchen inneren Konfliktes und entseht durch Ablehnungs- oder Verlassenheitserfahrungen von Seiten der wichtigsten Bezugspersonen.
Beispiele: Sozialer Verrat ist eine Form einer solchen Ablehnungserfahrung. Das Kind bekommt bei Schwierigkeiten und Angriffe durch Dritte keine Unterstützung von den Eltern, sondern die Eltern unterstützen die Personen, die das Kind (aus seiner Sicht) bedrohen. Zum Beispiel wenn ein Kind von Dritten beschuldigt wird, und die Eltern sich vom Kind abwenden. Wenn diese Situationen immer wieder passieren, und dem Kind regelmäßig das Gefühl gegeben wird, dass mit ihm etwas nicht stimmt, formt sich daraus ein Muster der Schuld und eines negativen Selbstbildes. Das Missverständnis der Eltern liegt hier oft in einem Nicht-Verstehen der inneren Not des Kindes und der falschen Vorstellung, dass das Kind vorsätzlich und aus Bösartigkeit heraus falsch gehandelt hat und bestraft werden muss.
Oder wenn ein Baby so lange schreien gelassen wird, bis es aufhört. Damit es lernt, sich selbst zu regulieren, und nicht verzogen wird. In den Generationen vor und noch lange lange nach den 70ern war dies die weit verbreitete Norm. Sogar bis in die 2000er hinein hielt sich dieser Irrtum.
Somit ist das verletzte innere Kind ursächlich auf wiederum emotional unreife Eltern zurückzuführen, die ihre eigenen Verletzungen, ihre Hilflosigkeit und schädliche gesellschaftlichen Prägungen in negative Weise auf das Kind übertragen. Wichtig ist an dieser Stelle, zu verstehen, dass die Eltern als Kinder widerum den gleichen Schmerz erfahren haben. Es handelt sich um ein transgenerationales Trauma der psychischen Gewalt, oder einen transgenerationalen seelischen Konflikt in der Herkunftsfamilie.
Je sensibler ein Kind ist, desto leichter entsteht diese Verletzung. Nicht immer sind die schlimmen Zustände im Elternhaus verantwortlich für die innere Verletzung. Manchmal können die eher groben und oberflächlichen Eltern-Charaktere mit dem hoch sensiblen Kind nicht umgehen. Können sich nicht einfühlen. Wobei eine gefühlsvermeidende Verrohung und Derbheit im Verhalten ebenfalls manchmal auf ein Trauma zurückzuführen ist, das damit kompensiert werden soll. Zu bedenken ist auch, dass Gefühle zu einer subjektiven Verzerrung führen können. Das bedeutet, dass gefühlte Schmerzen so dominant sind, dass positive Kindheitserlebnisse gefühlt in den Hintergrund rücken und es so scheint, als wäre alles nur schlecht gewesen. Es geht hier nicht darum, ein objektives Urteil zu fällen, sondern darum, dass du dich mit dem wie du es jetzt fühlst annimmst und ernst nimmst.
Ist es wichtig, mit den Eltern über dieses Thema zu sprechen?
Es ist dein psychisch-emotionaler Prozess und etwas ganz Privates. Du steckst im Moment an dieser Schwelle deiner Entwicklung und das hat etwas mit dir selbst zu tun. Deine Eltern können in ganz anderen Themen stecken, völlig andere Erinnerungen, und vielleicht auch gar nicht die Reflektionsfähigkeit haben. Sie können überfordert sein und mit Ablehnung reagieren. Was dich widerum verletzen und in einen erneuten Schmerzzyklus führen kann. Deshalb rate ich davon ab. Wichtig ist, dass du für dich deinen Frieden findest. Erfahrungsgemäß sind temporäre Schuldzuweisungen oder Wut Teil eines Heilungsprozesses. Mein Rat ist: finde ein Ventil, ohne in den Konflikt oder die Konfrontation zu gehen. Du wirst sehen, dass diese Phase vorbei geht und du inneren Abstand gewinnst. Rückblickend wirst du verstehen, dass es für deine eigene Heilung nicht notwendig war, die früher involvierten Personen zu belasten.
Der Weg der Heilung des inneren Kindes.
Wenn du diese Zusammenhäng verstehst und dir über die Herkunft deines Gefühls bewusst wirst, ist dies schon ein großer Moment, der deine Heilung einläutet. Der nächste Schritt ist, dein inneres Kind abzuholen. Das kannst du mit einer inneren Reise machen oder einer Meditation. Oder in einer geführten Begleitung durch einen geschulten Therapeuten. Sieh dich als Kind in deinen Schmerz, erkenne dein inneres Kind an, verstehe es, tröste es, sag ihm (also dir), das, was im Moment hilfreich ist, z. B. dass es ganz wunderbar ist, und so in Ordnung, wie es ist. Gehe mit im nach draußen in den Sonnenschein. Bleibe, bis die Situation sich leicht und befreit anfühlt.
Es ist hilfreich, wenn du lernst, mit deinem inneren Kind (in jedem Lebensalter) aktiv in Kontakt zu gehen, damit du die Situationen, die gerade in dir hoch kommen, heilen kannst. Heilung ist bei Verletzungen, die regelmäßig stattfanden, keine einmalige Sache, sondern ein Prozess. Trotzdem kann eine einmalige Auflösung des emotionalen Schmerzes dich ein gutes Stück in deiner Entwicklung voran tragen, und es kann sein, dass du einige Jahre von diesem Fortschritt profitieren kannst, bevor das nächste Thema an die Oberfläche kommt. Hier gibt es ganz unterschiedliche Rhythmen. Lasse dich auf deinen Prozess ein. Hab Verständnis für dich und nehme dich in Liebe an. Du bist es wert.
Du wirst auf dieser Abenteuerreise der Heilung deine verlorenen Stärken wieder aktivieren und als glücklicher, gelassener, starker und gefestigter Mensch aus diesem Prozess heraus treten. Dadurch wirst du mit deine Kinder besser begleiten können, erfolgreicher im Beruf sein und glücklichere Beziehungen führen können. Es lohnt sich also.